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Familien-Hüttenleben: Gemeinsam auf der Chamanna Cluozza 1882 m.ü.M.

Als ich selbst noch kinderlos war, durfte ich Nicole, Turi und ihre Kids für acht Tage in der Trifthütte unterstützen. Nun, Jahre später, treffen wir uns wieder, für ein Interview über ihr ganz persönliches Familien-Hüttenleben in der Chamanna Cluozza auf 1882 m.ü.M. im wundervollen Nationalpark im Engadin. 

Nicht ganz so alpin, jedoch mit unglaublicher Bedeutung und umgeben von wundervoller, unberührter Natur, hat sich die Familie Naue bewusst für ein Leben in den Bergen entschieden. In unserem gemeinsamen Interview durften wir mehr über dieses Leben erfahren – viel Spass beim Lesen.

Tanja: Liebe Nicole, wie schön haben wir es geschafft – du sitzt in der Chamanna Cluozza, ich bei mir zu Hause, wie geht es dir?

Nicole: Ich freue mich auch Tanja, mir geht es gut – wir sind mitten in der Hochsaison, was viel Arbeit bedeutet, aber du weisst ja, ich bin gerne im Schuss. Im Moment ist das Wetter etwas wechselhaft, was mir einen ruhigen Morgen verschafft, morgen geht es jedoch schon wieder rund.

Wir kennen uns von der Trifthütte, die für sieben Jahre euer Zuhause war. Du warst dort auch mit beiden Jungs schwanger, sie durften ihre ersten Lebensjahre mit Blick auf den Triftgletscher geniessen – wie war das so als junge Familie? 

Für Turi und mich war von Anfang an klar, dass wir unsere Kinder so lange es geht in den Bergen, unserem Herzensort, aufwachsen lassen möchten. Mit dem stetigen Bewusstsein, dass sich ab dem Kindergartenalter und der allgemeinen Schulzeit etwas ändern muss. Nach dem Rückschlag mit der Lawine Ende Januar 2021, welche einen Grossteil der Trifthütte beschädigt und zerstört hat, haben wir mit all unserer Kraft und unglaublicher Hilfe von Bekannten und Freunden nochmals eine Saison in der Trifthütte ermöglicht, wobei danach jedoch klar wurde, dass die Hütte im Moment nicht vom SAC wieder aufgebaut wird und wir uns somit nach etwas Neuem umschauen mussten.

Da ich selbst bei euch helfen durfte, weiss ich, wie unglaublich wichtig dieser Ort für euch geworden ist und wie viel Kraft und Leidenschaft in diesem Ort steckt. Ich möchte mich an dieser Stelle nochmals von Herzen bei euch für die vielen schönen Momente bedanken , die ihr mir und all euren Gästen geschenkt habt. 

Einblick in die Trifthütte:

Eindrücke von den letzten Tagen in der Trifthütte gibt es in «SRF bi de Lüt – Hüttengeschichten Spezial» zu sehen.

Der extreme Schaden an der Trifthütte, durch die Lawine Ende Januar 2021.
Die Familie Naue nach dem Wiederaufbau der befristeten Sommer-Lösung.

Nach der Trifthütte hättet ihr euch für ein klassisches Familienleben in einem Dorf entscheiden können, ihr seid jedoch nun die neuen Hüttenwarte der Chamanna Cluozza auf 1882 m.ü.M.. Wie habt ihr euch als Familie inkl. Schulsystem so eingelebt?

Nun, wir würden uns im Allgemeinen als Berg-Nomaden beschreiben, denn das Gefühl von einem Zuhause haben wir ganz klar in den Bergen. Natürlich beansprucht das Schulsystem eine unglaubliche Organisation und in unserem Fall gibt es hier auch keine speziellen Ausnahmen für unseren Lifestyle. Wir handhaben es daher so, dass Turi unter der Woche mit den Kids in Zernez ist und sie ab Donnerstagabend oder Freitagmittag zu mir hoch in die Hütte kommen.

Ein Massenlager ist eher die Sorge von Mami & Papi als vom Kind!

Nicole naue

War das denn nicht auch für eure Jungs eine grosse Umstellung?

Klar, es ist ein neuer Ort für alle – unsere Jungs ticken jedoch schon sehr ähnlich wie wir. Solange wir in den Bergen sind und zusammen sind, geht es uns am allerbesten. Die Umstellung war eher die Zeit unter der Woche im Dorf, da sie sich gewohnt sind, den ganzen Tag Kristalle zu suchen und in der Natur zu sein. Sie haben sich jedoch sehr zurechtgefunden und stehen gut in der Balance zwischen Dorf und Hütte. 

Wie ist es für dich als Mutter, deine Kinder “nur” am Wochenende zu sehen? (Bestimmt eine Frage, die du sehr oft hörst!)

Ja, die Frage höre ich oft, ich glaube, unsere Qualitätszeit als Familie ist nicht kleiner geworden. Denn was viele vergessen, ist, dass die Saison in der Hütte hier nur von Juni bis Ende Oktober geht (wenn der Herbst gut ist). Die restlichen sieben Monate bin ich zu Hause und kann meine Arbeit sehr flexibel nach den Zeiten richten, in denen die Kinder in der Schule sind. 

Dazu finde ich ist die Rolle von Turi genauso wichtig mit den Kindern, unsere Gesellschaft ist es einfach nicht gewohnt, dass der Vater auch die Hauptperson zu Hause sein kann. 

Was ist denn Turis Bereich im Hüttenleben, nebst seiner Arbeit zu Hause?

Turi organisiert eigentlich alles mit unseren Lieferanten, die jetzige Hütte ist so aufgebaut, dass wir möglichst nachhaltig sind. Wobei wir das meiste, was bei uns auf den Teller kommt, von lokalen Lieferanten und Bauern beziehen – was eine unglaubliche Organisation darstellt. So können wir unsere Materialflüge minimieren, was uns wirklich stolz macht. Denn am Start der Wanderung zur Hütte befindet sich ein Kühlschrank mit vielen frischen Produkten von all unseren lokalen Lieferanten, bei welchem wir unsere Gäste auffordern und darum bitten, etwas Platz im Rucksack frei zu lassen, um uns etwas hochzubringen. Turi organisiert nicht nur das Ganze, er befüllt auch stetig diesen Kühlschrank und hilft uns so enorm. 

Funktioniert das mit dem Kühlschrank?

Das funktioniert sogar super, meistens können wir die lokalen Produkte so in die Hütte transportieren und sparen uns so wirklich viele Transportflüge. Dazu macht es unseren Besucher:innen Spass, ein Teil vom Kreislauf unserer Hütte zu sein. Sie finden es toll, einen positiven Impact auf die Natur zu haben und für Familien ist es umso lässiger, denn sie zeigen ihren Kids einen wichtigen Gemeinschaftswert, der im Alltag oftmals verloren geht. 

Wie ist es denn für euch, wenn ihr als ganze Familie in der Hütte zusammen seid? Die Gäste sind ja trotz allem da.

Das ist so ja, wir haben natürlich unsere Privatsphäre mit unserem kleinen Bereich in der Hütte. Ansonsten sind wir alle gemeinsam unterwegs, die Kids sind gerne rund ums Haus, Beobachten die Tiere oder sie spielen mit den Kindern, die bei uns zu Gast sind. Die Kinder geniessen ihre Berg-Zeit am Wochenende sehr, wobei wir auch vieles gemeinsam machen, wenn die Kinder beim kochen und backen mithelfen oder auch mal beim holzen mitanpacken wollen. Ansonsten ist es ein fast “normales” Familienleben mit allem was dazugehört – hat es hier und da mal ein Gast und natürlich all unsere Helfer als Hüttenfamilie, stört uns das nicht!

Was sind eure Ziele in den kommenden Jahren als Familie?

Ich glaube, im Moment ist unser Leben toll hier, obwohl Leo den Gletscher und das Kristalle suchen schon sehr vermisst und wir ganz tief im Herzen schon in einer eher alpinen Umgebung zu Hause sind. Zur Zeit ist es jedoch super so, denn die Schulzeit ist wichtig und unsere gemeinsame Zeit zum Erleben ist sehr gross. Was wir jedoch ganz bewusst wissen, ist, dass wir stetig als Familie entscheiden, es muss für alle stimmen – dass unser Zuhause in den Bergen bleibt, ist jedoch ganz sicher!

Hättest du zum Schluss vielleicht noch ein paar Tipps für unsere Familien, für ihr erstes Familien-Hüttenerlebnis oder eine Nacht in einer SAC-Hütte?

Klar, im Allgemeinen kann ich sagen – einfach machen, nicht zu sehr zerdenken, wie das denn wird und ob es für alle passt. Meist sind es wir Eltern, die uns schwer damit tun!

Was ich aber sicherlich allen auf den Weg geben kann, ist folgendes:

Zelebriert die Hütte, was bedeutet, dass es sich lohnt, nicht gleich nach einer Nacht wieder abzureisen, sondern vielleicht zwei Nächte in einer Hütte zu verbringen. So ist etwas mehr Zeit zwischen dem Auf- und Abstieg und ihr habt Zeit, rund um die Hütte gemeinsam als Familie zu geniessen.

Mit kleinen Schritten starten! Sucht euch für eure erste Hütte einen Zustieg, der gut machbar ist. Für unsere Kinder sind die kleinen Dinge spannend am Berg, das Tiere beobachten (sei es auch nur eine Ameise) oder wenn ein Spiel auf dem Weg eingebaut wird. 

Ein Massenlager ist eher die Sorge von Mami & Papi als vom Kind, probiert das mit gutem Gewissen aus.

Wählt zum Start eine Hütte, die nicht zu Hoch (m.ü.M.) liegt..

Und zum Schluss –  denkt stets an den Spass und macht euch keinen Stress, die Berge sind zum Erkunden und Erleben da, was uns Familien eine so unglaublich wertvolle Auszeit schenkt. 

Danke Nicole, für deine Zeit und Offenheit! Ich freue mich, euch alle bald wieder mal zu sehen und wünsche euch als Familie von Herzen nur das Beste. Bis bald am Berg!

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