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Familien-Klettern an Kunstgriffen oder am Fels?

Eins gleich mal vorneweg: den Kindern ist es ziemlich egal, ob das Familienabenteuer an Kunstgriffen oder draussen in der Natur stattfindet. Kinder finden grundsätzlich alles spannend und interessant, wenn die «Grossen» ihre eigene Freude und Motivation mit den Kids teilen möchten. Das wiederum bedeutet, dass für Kindern beim Klettern meistens nicht der «Gipfel» oder «the Top» einer Kletterroute die grösste Freude auslöst. Es ist das gemeinsame Erlebnis, welches zählt, daher darf beim Klettern kein Druck auf die Kinder ausgeübt werden. Meine Motivations- und Abbruchstipps etwas später in diesem Text.

Für alle möglichen Spielformen im Klettersport gibt es mittlerweile ein Unzahl an Kursangebote. Falls man also in einer Form des Kletterns und/oder des Sicherns noch nicht geübt ist, empfiehlt es sich auf jeden Fall, Unterstützung zu holen, sei dies mittels einem Kurs, bei einem/r Bergführer/in oder «klettersicherungsfesten» Bekanntschaften. Es finden sich auch viele gute Schulungsvideos im Internet. Schlussendlich muss das Neugelernte gut eingeübt sein, bevor man dieses an sich selbst «testet» oder jemand anders am anderen Ende des Seils hängt. Klettern ist ab einer gewissen Höhe oder bei dem Zustieg zu einer Felswand eine gefährliche Sportart, wenn man diese nicht gewissenhaft ausübt.

Text – Bergführer Alex Gisler

Was für mich seit einigen Jahren, als eines der Kinder noch am Fusse der Felsen im Reisebettchen geschlafen hat, und bis heute noch gilt, erzähle ich euch gerne. Es gibt kaum eine Sportart, bei welcher ALLE Familienmitglieder gleichzeitig so gut auf ihre «Rechnung» komme wie beim Klettern. Gerne könnt ihr dies selbst herausfinden…bin gespannt auf eure Rückmeldungen 

Doch nun zu ein paar Verschiedenheiten von Kunstgriffklettern zu Fels. Übrigens zähle ich Bouldern selbstverständlich auch zum Klettersport…wir als Kindern haben so – also Klettern an Felsblöcken – mit Klettern begonnen, nur haben wir damals nicht gewusst, dass man dem irgendwann Bouldern sagt…

Ich schreibe bewusst von Kunstgriffklettern und nicht von Hallen, weil es auch Anlagen im Freien gibt, welche mit Kunstgriffen ausgestattet sind.

Kunstgriffe vs. Naturfels

Klettern an Kunstgriffen findet meistens in Hallen statt. Das hat gegenüber der «wilden» Natur einige Vorteile:

  • nicht wetterabhängig
  • meistens kürzere Anfahrtswege, kurzer «Zustieg» von der ÖV-Haltestelle
  • Zustieg und Aufenthalt in sicherem Gelände (abgesehen vom Strassenverkehr)
  • Routenangebote aller Schwierigkeitsgrade und mögliche weitere Bewegungs-, Trainings-, Übungsmöglichkeiten vorhanden
  • abends beleuchtet
  • Toiletten, Waschräume vorhanden
  • oft auch Verpflegungsmöglichkeiten vorhanden
  • Kursangebote stehen an der «Pinwand»
  • in der Regel kann direkt vor Ort Unterstützung angefragt werden
  • die Griffe brechen in der Regel nicht aus…und von oben sollte auch nichts runterfallen

Klettern an Felsen findet draussen statt. Das hat gegenüber der «sterilen» Halle einige Vorteile:

  • Das Wetter ist Teil des Abenteuers.
  • Die Anreise bietet einiges an Interessantem, Neuem zu sehen.
  • Der Zustieg zur Felswand/Felsen kann zum Teil schon zum Highlight des Tages werden. Es gilt, diesen aber genau zu planen, sonst ist womöglich das geplante Kletterabenteuer bereits zu Ende ist, bevor man die Felsen erreicht hat.
  • Ob sich ein Klettergebiet für Familien eignet, kann bereits bei der Planung zu Hause anhand Kletterführer Literatur, Informationen von Bekannten (manchmal mit Vorsicht zu geniessen ) oder Hinweisen im Internet recherchiert werden.
  • Definitiv keine Beleuchtung am Abend, dafür kann eine kurze Rückwanderung mit Stirnlampe zum unvergesslichen Erlebnis werden (falls es denn eingeplant und im Vornherein kommuniziert wurde)…aber aufgepasst, nicht dass die Kinder nur noch mitkommen, wenn man im Dunkeln zurückwandert.
  • Auch das Toilette-Machen muss draussen geübt werden, damit die Natur mindestens so verlassen wird, wie man sie angetroffen hat…oder sie antreffen möchte.
  • Kurse müssen im Vorfeld gebucht werden, beinhalten bei guter professioneller Kursleitung aber einiges an Interessantem des Klettersports und der Gastfreundschaft der Natur.
  • Verpflegung muss von zu Hause mitgebracht werden, auch dies ist schon Teil des Abenteuers. Unser Favorit ist vorbereiter Nudelsalat, welcher mit frisch zubereitetem Raclette «gepimt» wird (wenn es die Natur zulässt, am offenen Feuer, oder dann halt über dem Gasgrill – Vorsicht Waldbrandgefahr!)
  • Flüssigkeit ist für die Kinder enorm wichtig, da ihre Speicherkapazität nicht mit der von Erwachsenen zu vergleichen ist, daher müssen zwingend genügend Getränke mitgetragen werden. Ein Bach mit Frischwasser kann hier nicht nur zum Planschen, Staumauer bauen oder Beobachten gute Unterstützung bieten. Wem das Frischwasser zu wenig frisch sein sollte – zur Sicherheit ein Filtersystem mitnehmen, da gibt es tolle Produkte.
  • Unterschätze nicht das Gewicht eines Rucksackes und überschätze nicht DEINE Fähigkeiten: Ein Rucksack über 10kg wird auf die Dauer für die meisten zu schwer.

Zum Gewicht von Kinderrucksäcken:

  • Bei Kindergartenkindern sollte der Rucksack über einen längeren Zeitraum nicht mehr als ein Kilogramm wiegen.
  • Schulkinder bis sieben oder acht Jahre können in ihrem Rucksack bis zu drei Kilogramm tragen.
  • Neun- bis Zwölfjährige sollten im Wanderrucksack maximal fünf Kilogramm transportieren
  • Teenager dürfen sich bis zu sieben Kilogramm auf den Rücken schnallen.

Wichtig: je nach Gewicht und Konstitution des Kindes muss hier ggf. noch etwas Last reduziert werden. Unter diesen Aspekten wird klar, dass das «Schleppen» des meisten Materials den grossen Menschen überlassen sein wird, also hierbei gut planen und in aller Ruhe am Abend vor dem Abenteuer packen. Hierbei auch wieder zu beachten: mit einem «zu schweren» Rucksack wird es schier unmöglich sein, einem Kind Last abzunehmen oder bei einer steileren Stufe behilflich zu sein.

Das A und O für einen möglichst erfolgreichen und entspannten Kletterausflug in der wilden Natur ist eine seriöse Planung und Vorbereitung zu Hause!

Nun noch ein paar kleine Tipps beim Klettern mit Kindern:

  1. Das Kind ist immer Teil der Seilschaft oder Boulderpartner/in, somit wird die Route gemeinsam ausgesucht. Der grosse Mensch ist Beraterin.
  2. Hat ein Kind keine Lust, an besagtem Tag zu klettern, gilt es, dies zu akzeptieren. Interessant ist herauszufinden, woran das liegt – evtl. war die Vorinformation/Planung zu wage oder das Kind wurde nicht miteinbezogen.
  3. Rom wurde nicht an einem Tag gebaut… Kleine Schritte führen zum Erfolg… usw. Es gibt wohl etliche «schlaue» Sprüche, welche zum Erfolg führen können/sollen. Beim Klettern mit Kindern gilt es, sich solche Sätze zu merken. Sobald eines meiner Kinder sagt, dass es nicht weiter hoch möchte, versuche ich noch einen kleinen Motivationsschub wie z.B. «versuchs doch noch bis zum nächsten Haken, zu dem Blümchen dort». Folgt darauf ein negatives Signal seitens des kletternden Kindes, soll dieser Kletterversuch unverzüglich harmonisch abgebrochen werden. Ich lasse dann das Kind langsam runter, wobei es ruhig noch am Fels rumalbern darf: Springen, Pendeln, Aussicht geniessen, Singen usw.
  4. Kinder klettern anfangs mittels Top-Rope-Sicherung, somit ist das Kind immer gut «auf Zug» gesichert.
  5. Sollte ein Kind Hemmungen bekommen beim Ablassen, gilt folgender Tipp: «Halte dich mit beiden Händen am Seil-Knoten fest», dann kann man beginnen, das Kind langsam abzulassen.

Nun wünsche ich viel Erfolg bei euren Abenteuern.

Lieber Gruss Bergführer Alex

Familien-Klettern am Chli Schijen

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