Raus aus den dicken Klamotten, rein in den Frühling und endlich wieder „kurz-kurz“ über staubige Trails – Jahr für Jahr lockt uns das Vinschgau und die Aussicht auf genau DAS im April zu sich, um die neue Bikesaison zu starten. Und Jahr für Jahr lautet unser Fazit danach: Rundum wunderbar!
Erstmal gemütlich starten
Dieses Jahr lassen wir es ausnahmsweise mal etwas ruhiger angehen: Luna, unsere 9-jährige Tochter, hat einen ordentlich entzündeten Finger und soll ihn noch etwas ruhen lassen. Daher begebe ich mich mit ihr erstmal zu Fuß auf die Vinschgauer Sonnenseite, während Stefan die Schneesituation auf der schattigen Nordseite begutachtet. Und während wir auf dem ordentlich steilen Wanderweg, der uns auf direktem Weg unterhalb der Gondel nach St. Martin hoch führt, in der warmen Frühlingssonne Schicht für Schicht fallen lassen, stapft er tatsächlich dick eingepackt durch den österlichen Neuschnee und es wird klar: „Barbarossa“, unseren geplanten „Einroll-Trail“, müssen wir wohl auf den nächsten Vinschgau-Trip verschieben.
Unser Plan
Vollgepackt mit Glitzersteinen, die wir auf dem Wanderweg einfach nicht liegen lassen konnten, treffen wir uns später im Café an der Seilbahn in Latsch wieder zum ersten italienischen Eis der Saison und schmieden Pläne für die kommenden Tage. Da die Ostertage nochmal eisigkalt waren, hoffen wir (kein Fluch ohne Segen) auf eine raupenfreie Auffahrt von Goldrain zum Propain-Trail bzw. Flipsi-Trail, wie er seit diesem Jahr nun heißt. Denn die jährliche Invasion an Prozessionsspinnerraupen, die im Frühling Straßen und vor allem Bäume auf der Vinschgauer Sonnenseite überfällt, gibt der sonst so grandiosen Trailtour stets einen etwas faden Beigeschmack, selbst wenn wir bisher noch keine allergischen Reaktionen an uns bemerkt haben.
Los gehts
Und tatsächlich: Die Rechnung geht auf: In strahlendem Sonnenschein kurbeln wir am nächsten Morgen Kehre um Kehre die 850 Hm auf der gut zu rollenden Teerstraße hinauf, Luna am Schleppseil, ohne auch nur einer einzigen langhaarigen Prozession zu begegnen – und auch kaum anderen Bikern. Wir sind der Shuttle-Saison anscheinend noch etwas voraus. Nach einem kurzen Picknick mit Panorama-Blick über die noch bzw. wieder dick weiß verpackten Gipfel – sogar der Ortler zeigt sich uns unverhüllt in seiner ganzen Pracht –, die zartgrünen Bäume in den niedrigeren Ebenen und die weißen Apfelblüten im Tal (ein Bild wie ein Gemälde), wollen wir es nun endlich laufen lassen. Also, Protektoren an und über den gleich schon etwas knifflig stufigen Einstieg hinein in den Trail. Lunas neues 26‘‘-Fully lässt sie voller Sicherheit und Selbstvertrauen und mit erstaunlich hohen Tempo über den Trail tanzen und ich muss grad schaun, dass ich hinterher komm. Was ein Sprung über den Winter! Ich liebe es, hinter ihr zu fahren und zu sehen, mit welcher spielerischen Gelassenheit sie Stufen, Wurzeln und selbst verblockte Steilstücke mittlerweile meistert. Nie hätte ich mir vorstellen können, wie entspannt ich selbst dabei bleiben würde; doch ich weiß, was sie kann und weiß vor allem auch, dass sie selbst weiß und supergut einschätzen kann, was sie kann. Daher lassen wir es einfach laufen und jauchzen mit einem fetten Grinsen im Gesicht hinab ins Tal. Es läuft so gut, dass wir gar keine Lust haben, für Fotostopps irgendwo anzuhalten und so ist das Fotomaterial von diesem Kurzurlaub diesmal eher übersichtlich. Egal, die Bilder tragen wir im Herzen.
Das Eis wartet
Nach einem Eiszwischenstopp in Schlanders (Tipp: Die etwas versteckt liegende Gelateria Ortler mit köstlichem selbstgemachten Eis in ausgefallenen Sorten) rollen wir gemütlich über den Radweg zurück und kämpfen uns nochmal die letzten Höhenmeter nach Tarsch hoch, wo unsere Ferienwohnung liegt. Jetzt haben unsere Beine genug und lechzen nach Erholung. Perfekt, dass wir mit der Ferienwohnung freien Eintritt ins Latscher Bad genießen. Kind und Mann tauchen ins nasse Vergnügen ab, während ich – eher Typ wasserscheue Katze – es mir in der großartigen Saunalandschaft gemütlich mache und dort die Seele baumeln lasse. Jaaa, so geht Urlaub!
Holy Hansen Trail
Auch Tag 3 wird ein voller Genuss. Diesmal streben wir hoch zum Holy Hansen-Trail, den wir mit Luna nun bereits im dritten Jahr fahren. In der Nacht hat es nochmal leicht geregnet, das macht den sonst oft so staubig-rutschigen Trail schön griffig. So mag ich ihn am liebsten. Nachdem uns ein paar Shuttle auf dem Weg hoch überholt haben, haben wir die Abfahrt wieder für uns alleine. Das entstresst und gibt uns genug Zeit und Muße, kniffligere Stellen in Ruhe auszuprobieren und uns heranzutasten. Auch hier zeigt sich, dass Luna einen ordentlichen Könnenssprung hingelegt hat und so sind wir erstaunlich schnell schon wieder unten an der Fahrstraße. Wir beschließen, das kurze Stück zum Einstieg des Aigen-Trails grad nochmal hochzukurbeln und den auch noch mitzunehmen; Zeit haben wir genug, es ist gerade erst kurz nach Mittag. Mit seinen beständigen kleinen Gegenanstiegen kostet der Trail zwar etwas Kraft, lohnt sich aber definitiv – gerade, wenn man, wie wir, eh zurück nach Latsch muss.
Und nochmals mit der Gondel hoch
Erneut zieht uns das Café dort wie magisch an, doch das muss noch kurz auf uns warten: Wir sind noch nicht trailsatt und wollen auch nochmal nach St. Martin hoch. Allerdings diesmal mit der Gondel. Wir haben Glück und können gleich einsteigen. Von oben zeigen wir Stefan unseren Wanderweg vom ersten Tag und freuen uns, dass wir diesmal nicht über die Trails wandern, sondern sie unter die Stollen nehmen können. Und das tun wir prompt. Ein kurzes Straßenstück bringt uns zum Tschilli-Trail, dem wir hinab zu den Annaberger Böden und schließlich zurück nach Goldrain folgen. Oder ist es der Sunny Benny, auf den wir dabei zwischendurch kurz wechseln? Wir wissen es nicht – und ehrlich gesagt spielt es auch keine große Rolle. Wir genießen die Wärme, die Blicke, den verspielten Trail, der uns zum Ende hin nochmal ordentlich mit einem verblockten, stufigen Steilstück fordert. Wir feiern, dass Luna darauf zwei neue Passagen erobert, schieben ein Stück, wo es zu arg ist, und rollen dann – endlich! – müde und zufrieden zum wohlverdienten Kaffee- und Eis-Stopp. Ein wenig wehmütig stellen wir fest, dass unser Kurzurlaub viel zu schnell dahineilt und morgen schon wieder die Heimreise ansteht.
Noch ein letztes Mal hoch
Aber es geht nicht nach Hause, ohne, dass wir nochmal auf Tour gehen! Nach einem kurzen Abschiedsplausch mit unserer wirklich netten und zuvorkommenden Wirtin checken wir aus, parken das Auto unten am Goldrainer Bahnhof und kurbeln noch ein weiteres Mal zum Propain- bzw. Flipsi-Trail hoch. Da wissen wir, was wir haben, haben wir uns gedacht. Noch einen Tick wärmer als die vorherigen Tage ist der Frühling nun so richtig angekommen. Herrlich! Schon sind wir oben und noch einen Moment schneller als bei unserer ersten Runde auf dem Trail auch schon wieder unten. Was ein Rausch!
Zum Abschluss ab zur Churburg
Perfekt – denn wir haben auf der Heimfahrt noch etwas vor: Einen Zwischenstopp auf der Churburg in Schluderns, eine der am besten erhaltenen, mittelalterlichen Burgen Südtirols, die heute noch von der Grafenfamilie bewohnt wird und on top auch noch die weltweit größte private Rüstkammer enthält, und die wir schon ewig auf unserer Bucket List stehen haben. Da die Burg ist ausschließlich zu festen Uhrzeiten mit Führung zugänglich ist, müssen wir ein wenig sputen. Fast tut es uns ein wenig leid, bei dem herrlichen Wetter irgendwo hineinzugehen. Doch es lohnt sich (auch der durchaus stattliche Familienpreis von 32 Euro): Als einzige Gäste kommen wir den Genuss einer informativen Privattour durch die prächtig bemalten und ausgeschmückten Zimmer und die wahrhaft beeindruckende Sammlung an Turnier- und Kampf-Rüstungen.
Dermaßen vollgepackt von Eindrücken und Bildern machen wir uns schließlich auf die Heimreise, die zum Glück von uns aus nur gute 3,5 Stunden dauert. Und planen im Kopf schon gleich unser nächstes Bike-Abenteuer!
Weiterführende Links / Tipps
Weitere Infos zu den Trails:
Cafés:
Schwimmbad und Sauna in Latsch:
Unsere Ferienwohnung:
Essen:
- Urige Pizzeria in Tarsch
- Gute Pizzen in Goldrain
- Knusprige (Süßkartoffel-)Pommes in großen Portionen sowie Burgers in Nauders
Gute Wetter-App:
Wetter Südtirol